Mit diesen Worten hat mir gestern Abend mein Freund Alex von Syntropia – das sind die coolen Jungs aus Darmstadt, die meine Bücher ausliefern – freundlich auf die Füße getreten. Danke Alex – vielleicht ist das ja wirklich so, und ich sollte hier lieber mal öfters einfach drauf losschreiben. Auch mit dem Risiko, dass ich am nächsten Tag das glatte Gegenteil erzähle. So ein bisschen wie bei der Musik. Da mach ich mir schließlich auch keinen Kopf, ob ich heute Rock spiele und morgen ne deutsche Schnulze.

Hustenbärchen

Also los: In der Nacht von Donnerstag auf Freitag ertönt von links und rechts wechselweise ein Hustenkonzert an meine Ohren. Joy hatte schon währender Osterferien damit angefangen und sich fast zwei Wochen eingehustet. Gleichzeitig springt er putzmunter durch die Gegend und wenn die Hustenattacken nicht wären, würde man den wilden Feger als kerngesund bezeichnen. Vor ein paar Tagen fing dann der kleine Ray an. Zuerst mit völlig künstlichem Hüsteln, um sich Hustensaft zu erschnorren – und dann hatte er’s endlich auch richtig – na Bravo!

Jedenfalls klingt Joy in dieser Nacht ziemlich heftig und deshalb ist für mich klar – Homöopathie hin oder her – heute geht’s zum Kinderarzt mit den Hustenbärchen, und Schule und Waldkindergarten fallen noch mal aus. Trotzdem stehen wir alle wie üblich zwischen 6:00 und 7:00 Uhr auf der Matte. Die leckere reife Mango zum Frühstück bleibt stehen – das ist wirklich ungewöhnlich – und Ray ist nur mit Müsli zu begeistern.

9:00 beim Kinderarzt – Diagnose: beide Bronchitis. Bei Joy wohl ziemlich fest und bei Ray etwas lockerer – Oma hatte es mal wieder gewusst. Schließlich war ihr Sohn – das bin ich – ein Asthmakind. Warum hab ich das nicht früher bemerkt? Aber in meinem Erinnerungsspeicher ist da immer nur: keine Luft kriegen, Pfeifen in den Bronchien und Husten mit Schleim. Die Kids hatten aber die ganze Zeit nichts von alledem – nur Husten eben und sonst quicklebendig. Vielleicht sind sie ja auch robuster als ich als Kind, weil sie nicht geimpft sind – keine Ahnung. Seit gestern kriegen sie jedenfalls ihren Cocktail aus Hustensaft, Homöopathieperlchen und ein Brustwickel von Oma für Joy am Abend. Denn da bin ich schließlich zum Essen mit Alex und Carol verabredet – ausgerechnet wenn die Jungs krank sind – aber das konnte ja keiner vorher wissen.

Leckere Rezepte aus Tang’s Papa-Küche

Aber jetzt noch mal zurück zum Vormittag. Als wir von Kinderarzt und Apotheke wieder zu Hause sind und nachdem die beiden im Spielfieber meine 50 Jahre alte Legoeisenbahn mit Elektromotor bei Oma entdeckt haben – was die Frau nicht alles aufgehoben hat -, kann ich mich endlich den 20 Muffins widmen, die ich den »Wühlmäusen« – Rays Waldkindergarten – für ihr Frühlingsfest am Samstag Nachmittag versprochen habe.

Hier das Rezept aus meinem James Rizzi New York Kochbuch:

Ahornsirup-Muffins mit Sauerrahm

250 g Mehl · 112 TL Salz · 3 TL Backpulver · 140 g Butter · 180 ml Ahornsirup

1 Ei · 250 g Sauerrahm · 50 g Pecannüsse, fein gehackt

Außerdem:

Butter und Mehl für die Förmchen

Das Mehl, das Salz und das Backpulver in einer Schüssel mischen. Die Butter in einer zweiten Schüssel schaumig rühren und den Ahornsirup tropfenweise mit dem Schneebesen darunterrühren.

Das Ei mit dem Sauerrahm verrühren, dann zur Buttermischung geben. Nach und nach die Mehlmischung und die Nüsse darunterarbeiten. Zu einem glatten Teig vermengen.

Die Muffinförmchem mit Butter ausstreichen und mit Mehl ausstäuben. Oder für Bequeme wie mich – SIlikonmuffinförmchen. Den Teig zu dreiviertel einfüllen und die Muffins in dem auf 200 Grad vorgeheizten Ofen 15-18 Minuten backen.

Aus dem Backofen nehmen, 5 Minuten in der Form erkalten lassen, aus den Förmchen lösen und auf einem Kuchengitter vollständig auskühlen lassen.

Mann oh Mann, sind die Dinger lecker! Gleich weggestellt, bevor die kleinen Räuber und ihr vernaschter Papa sie abgreifen können und die Waldkinder in die leer Dose gucken würden.

So, jetzt ist Zeit zum Mittagessen – der Rest vom Vortag:

Schnittlauch-Sauerrahm-Eiersoße mit Pellkartoffeln:

7 gekochte Eier – kalt mit dem Eierschneider kleingewürfelt · 6 Becher Sauerrahm · Saft von 1-2 Zitronen · 1 dicker Bund Schnittlauch – fein geschnitten · 2 Brisen Salz

Das Ganze schön kalt über die heißen Pellkartoffeln und verschmausen. Die Kids lieben dieses Gericht.

Ja, prima! Das wird ja fast eine Tang’s-Cooking-Blog-Post! Denn nach dem Mittagessen ist sogar noch Luft für Pestomachen, denn die kleinen Strolche haben sich günstig im Haus verteilt. Joy ist nochmal in die Legowelt abgetaucht und Ray hilft mir, die Basilikumblätter abzuzupfen, bevor wir sie mit Olivenöl und Zauberstab zu einem grünen Brei zermatschen. Parmesanreiben, Knoblauch pressen und Nüsse mahlen – dann hat Ray genug und zischt ab zu Oma. Hier kommt jetzt natürlich auch mein Pesto-Rezept, dass allerdings keine genauen Mengenangaben kennt und immer ein wenig anders ausfällt.

Basilikum-Pesto mit Nüssen:

1 Salatschüssel mit frischem Basilikum · Olivenöl dazu und zum Brei pürieren · Eine Menge Parmigiano Reggiano – frisch gerieben · 2-3 Knoblauchzehen · gemahlene Nüsse: Pecannüsse, Pinien- oder Zedernkerne, Cashewnüsse, Kürbis- und Sonnenblumenkerne · schwarzen Pfeffer

Diemal war ich noch etwas Bärlauch im Kühlschrank – der kam auch mit rein. Auch Rucola lässt sich gut dazumischen, aber nicht zu viel. Alles wir dann mir genügend Olivenöl zu einem zarten Brei püriert. Ich packe mir immer ein paar Döschen in den Kühli und wenns echt viel geworden ist, sollte man einen Teil davon einfrieren, bevor es später verdirbt. Wenn man noch etwas Olivenöl bis zum Rand der Plastikdosen aufgießt, kann man sie auch getrost ein paar Wochen im Kühlschrank lagern.

Pausen, die keine sind

All diese Arbeiten brauchen natürlich ihre Pausen, die von Zeit zu Zeit von irgendwoher im Haus mit einem lautstarken Täääng!« eingeläutet werden. Diese eindringlichen Rufe nach dem Leitwolf rufen immer wieder ein gewisses Zucken in mir hervor – hoffentlich verfolgt mich das in späteren Jahren nicht mal in meinen Träumen. Die Aufrufe dulden meist keinen langen Aufschub. Allenfalls »Ich mach gerade Kakaaaa!« wird für einen kurzen Moment akzeptiert, aber nee – auch das ist keine echtes Argument, wenn ich ehrlich bin. Wenn ich gelassen genug bin, leiste ich keinen Widerstand und komme den Hilferufen und Aufforderungen ziemlich schnell nach. Das sind Aufrufe wie: »Das ist kaputt – kannst Du das kleben?« – »Schau mal, Papa, im Feuerwehrhaus brennt’s!« und »Wo ist meine kleine Taschenlampe und mein kleines Misroskop?« Wenn ich dann keine Idee oder Ahnung habe, wird’s echt brenzlig.

Um 17:00 ist dann tatsächlich fast alles fertig und ich trinke mit Ray Kinderkaffee und will mich dann gleich rasieren. Natürlich rasiert sich Ray zuerst – mit einer kleinen Haarbürste -, denn sein Bart sprießt offensichtlich heute besonders stark. Oma steht schon in den Startlöchern und bekommt letzte Anweisungen bevor ich die Homebase verlasse: Hustensaft und später Brustwickel, halbe Stunde Maja oder der kleine Maulwurf, Abendessen, Schlafengehn mit »Lurchis lustige Abenteuer« lesen.

6 Stunden Ausflug in die Anderwelt

»Tschüs, Tang und viel Spaß!« tönt klein Ray und gibt mir Fünf. Ich bin für ein paar Stunden entlassen. Sonnige Fahrt nach Darmstadt, roter Freitagsabend-Sekt bei Syntropia im frischbegrünten Hof. Peters Hund versucht zum wiederholten Mal ins Gemüse zu pinkeln. Alex, Dirk und Piet wollen wissen, warum ich nach meinem schreibfreudigen Blogstart plötzlich abgetaucht bin. »Die Family eben und tausend andere Sachen – ich war einfach platt die letzte Zeit«, ist meine Antwort und dann bauen mich die Jungs wieder etwas auf, helfen mir dabei, meinen Perfektionsdrang in die Tonne zu kippen, und gleichzeitig erwacht meine Schreiblust langsam wieder. Aus diesem Grund lest ihr das hier gerade.

Natürlich geht’s in dem Gespräch auch um meine Bücher. Wie beispielsweise »Herr Richie« am besten unter die Menschheit kommt. Dass ich aktiver sein soll und öffentlicher usw. »Wie soll ich das packen?«, frage ich mich. »Ach egal – kommt Zeit kommt Tat – oder auch nicht.« Die Jungs hier jedenfalls tun mir wie immer echt gut, und ich nehm mir vor, noch in derselben Nacht – nach dem Abendessen beim Italiener – zu Hauses was in den Blog zu schreiben. Ich hab richtig Lust. Auf der Heimfahrt um 11:30 fällt mir auch schon die passende Überschrift ein. Aber meistens kommt es anders …

Hami aus der Nuckelflasche

Ich schleich mich in die Wohnung, Klamotten aus, Zähne putzen, Oma wecken und dann – vielleicht noch schreiben?

Oma kommt aus dem Schlafzimmer und ist ziemlich schlapp – ihr Zucker. Joy ist wach, ich krieche unter die Decke und wir plaudern ein wenig. Ray schläft brav neben uns weiter. Plötzlich ein heftiger Hustenanfall – da kommt’s auch schon – ich reiß die Bettdecke nach hinten – Joy kotzt ins Bett. Der arme Kerl sieht ganz elend aus und ich hole ihn erst mal raus. Zack, das Spannbetttuch von der Matratze runter, bevor es weiter durchsuppt. Mit Joy ins Bad. T-Shirt aus, den Brustwickel abbauen, Brust einreiben und frisches Hemd. Er niest und putzt sich am Ärmel ab – Kotze aus der Nase – na prima! Abgewischt und weggetupft und wieder ab ins Bett. Diesmal mit einer von Rays Pipiunterlagen drunter – für den Fall der Fälle. Joy schläft dann bald.

Ein kurzer Gedanke ans Schreiben taucht auf – vergiss es, Tang! Es ist 1:00 Nachts und Ray wacht im Halbschlaf auf und fängt sofort an, zu jammern. Er hat offensichtlich Durst. Ich biete ihm gleich etwas Hustentee an. Abgelehnt. »Die Elefantenflasche soll weg!« Die Elefantenflasche mit dem Hustentee verschwindet sofort auf den Boden. »Hami aus der Nuckelflasche!« Schnell in die Küche, Hafermilch aus dem Kühlschrank, etwas angewärmt, in die Nuckelflasche gefüllt und zurück ins Bett. Zack, wird die Flasche fast weggehauen und Ray jammert wie in Trance weiter. Er liegt in meinem Arm und hustet ab und zu, aber er ist jetzt nicht zu beruhigen. Das kann ja heiter werden, denn wenn er jetzt nichts trinkt, kommt er nicht so schnell zur Ruhe. »Gelb mit Rot! In die Küche gehn!«, kommt die nächste Anweisung. Ray kommt auf den Arm und wir gehn im Dunkeln in die Küche, Ich dimme das Licht fast ganz runter. Gelber Orangensaft kurz angewärmt und dann eine Schuss roten dazu – das war die Bestellung. »Du trinken!« Wieder nix! Zurück ins Bett. Ray wird langsam wacher und will seine Hami. Aber diesmal aus einer »alten Nuckelflasche ohne Bär drauf«, die angeblich in der Küche wäre. Diese Flasche hat es nie gegeben und ich weigere mich aufzustehen. Jetzt unterbricht er aber ab und zu das Weinen auf und meine Worte dringen endlich zu ihm vor. »Lurchi lesen!« Das ist der Break und die Rettung! Im Dunkeln lese ich aus einem dunklen Bilderbuch auswendig die Geschichte mit der Elfenkönigin. Danach kann ich ein Späßchen anbringen.

»Hallo ich bin die Hami und gefangen in einer Nuckelflasche. Wie komme ich wohl in Deinen Mund? Willst Du mir nicht dabei helfen?« Ray nimmt die Flasche und trinkt und trinkt und trinkt … und schläft ein. Es ist fast 3:00 Morgens – Oh what a beautiful day!

Foto: © B.M.Tang

* * *

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5 Responses to Husten, Muffins, Pesto und Nuckelflasche

  1. Angelika Diem sagt:

    Für einen stinknormalen Alltag war das aber sehr viel Stress und Aufregung auf einen Haufen. Und sehr gut zu lesen. Danke.

    Das Rezept mit den Kartoffeln muss ich mir merken.

  2. Tang sagt:

    Liebe Angelika,

    da hast Du natürlich völlig recht. Es gibt auch ganz »ruhige« Tage in unserem Familienleben und vor allem Nächte. Wenn ich selbst den Artikel nachbetrachtend lese, merke ich, dass diese Fülle und beinahe unterbrechungslose Kette von Ereignissen aber durchaus alltäglich sind und sicher vielen bekannt ist. Wie ich damit umgehe, damit Stress und Aufregung sich in Grenzen halten und nicht meine Handlungsfähigkeit und Lebensfreude blockieren – das ist, denke ich, die wirklich interessante Erfahrung in solchen Lebenssituationen. Ich glaube fast, ich habe da das nächste Thema für den Blog, über das ich schreiben möchte: Das Leben widerstandslos annehmen.

  3. karen sagt:

    super, einfach Super geschrieben!!! Bin stolz auf unseren neuen Freund!
    Kenne auch ganz viele solcher Geschichtchen. Und bin beim Lesen deiner.. etwas traurig, dass ich sie nicht auch aufgeschrieben habe. Marly könnte sich später bestimmt köstlich amüsieren und vielleicht einmal verstehen, was so eine Mutter und ein Vater alles leistet. Aber soooo gerne!!!

    Liebe Grüsse – Karen

  4. Sigi sagt:

    Hi Tang……du bist bewundernswert….eine Mama könnte das nicht besser!!!
    Lass dich nicht unter kriegen…..und sicher hast du durch „dieses Programm“ viel, sehr viel, Empathie mit allen Müttern – besonders allein stehenden.

    vielleicht besuch ich dich mal – spontan – um was von deiner leckeren, beschriebenen Küche zu kosten und an deinem extatischen Alltag mal teilzunehmen. Wenn’s passt.

    ganz herzliche Grüße – Sigi

  5. Herzlichen Glückwunsch, die viele Arbeit hat sich ja extremst gelohnt 🙂 *daumen hoch* weiter so!

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